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In der Steuerbilanz werden Ihre Pensionsrückstellungen mit einem Rechnungszins von 6% berechnet. Ergebnis: Sie dürfen für Ihre Pensionsverpflichtungen nur einen viel zu niedrigen Betrag gewinnmindert zurückhalten.

Daran, dass ein derart hoher Zinssatz noch rechtmäßig ist, sind Zweifel angebracht. Aber lassen Sie es uns im Einzelnen anschauen:

Was sind Pensionsrückstellungen und warum ist der Rechnungszins relevant?

Wenn Ihr Unternehmen eine oder mehrere Pensionszusagen an Mitarbeiter oder Unternehmer erteilt hat, darf es für diese Pensionszusagen Rückstellungen in der Bilanz bilden. Das heißt vereinfacht: Es darf heute verdientes Geld teilweise zurücklegen und muss dieses Geld nicht als Gewinn versteuern.

Wieviel Geld das Unternehmen für die Pensionszusagen zurücklegen darf, regelt für die Steuerbilanz § 6a EStG. Eine Rückstellungsberechnung ist in den Details kompliziert. Aber die wesentlichen Parameter, die die Höhe der Rückstellung bestimmen, sind auch für Laien verständlich: 

  • Wann ist der Rentenbeginn?
  • Wie hoch ist die Rentenleistung (also meist die monatliche Rente)? 
  • Wie lange muss die Rentenleistung gezahlt werden (Lebenserwartung)?
  • Wie hoch ist der Rechnungszins?

Der letzte Punkt – die Höhe des Rechnungszinses – ist dabei für die Höhe der Pensionsrückstellung absolut maßgeblich. Die Wirkung des Rechnungszins ist dabei anders, als viele Unternehmer vermuten.

Es gilt die Regel:

Desto niedriger der Rechnungszinssatz ist, desto höher sind Ihre Pensionsrückstellungen. Und umgekehrt: Desto höher der Rechnungszins ist, desto niedriger sind Ihre Pensionsrückstellungen.

Ist ein hoher Rechnungszins daher schlecht für Sie? Ja, weil er die Pensionsrückstellungen künstlich klein rechnet. Und nur diese künstlich klein gerechnete Summe wirkt gewinnmindernd. In der Realität müssen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, als es Ihre steuerbilanzielle Rückstellung ausweist.

Welcher Rechnungszinssatz gilt für Pensionsrückstellungen

Das kommt auf die Bilanz an. Denn die Handels- und Steuerbilanz haben jeweils unterschiedliche Regeln für die Höhe des Rechnungszinses. 

Dabei ist die Regelung der Handelsbilanz gut nachvollziehbar: Danach ist die Pensionsrückstellungen mit einem marktförmigen Zinssatz zu rechnen – nämlich nach § 253 Abs. 2 HGB der durchschnittliche Marktzinssatz der letzten 10 Jahre, wie er von der Bundesbank veröffentlicht wird. Daher ist der Zinssatz Ihrer Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz jedes Jahr ein bisschen anders.

In der Steuerbilanz sieht die Sache anders aus. Denn hier gibt uns der Gesetzeswortlaut von § 6a EStG schlicht einen Rechnungszins von 6 % vor. Seit Jahr und Tag.

Ist ein Rechnungszins in Höhe von 6 % rechtmäßig?

Stand jetzt: Ja. Denn das Gesetz sieht diesen ausdrücklich so vor. Ein Rechnungszins von 6 % entspricht aber in keiner Weise mehr der Realität des Marktes. Gerade an dieser Realität muss sich der Gesetzgeber aber bei der Festlegung steuerlicher Zinssätze orientieren.

So hat das Bundesverfassungsgericht zu einem ähnlichen Komplex jüngst entschieden, dass die Verzinsung von Steuerschulden mit einem Zinssatz von 6 % verfassungswidrig ist. Dazu führt das Gericht in seinen Leitsätzen aus:

„Die typisierende Festlegung des Zinssatzes ist trotz grundsätzlicher Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht mehr zu rechtfertigen, wenn dieser Zinssatz unter veränderten tatsächlichen Bedingungen oder angesichts einer veränderten Erkenntnislage weder durch die maßstabsbildend zugrunde gelegten noch durch sonstige geeignete Kriterien getragen ist.“

(Bundesverfassungsgericht – Beschluss vom 08. Juli 2021, 1 BvR 2237/14)

 

So liegt der Fall unseres Erachtens auch beim steuerlichen Rechnungszins für Pensionsrückstellungen. War dieser Zinssatz vor einigen Jahren noch durchaus vertretbar, hat sich der Zinsmarkt spätestens seit 2008 doch radikal verändert. 

So sah es auch das Finanzgericht Köln (FG Köln, Beschluss vom 12.10.2017 – 10 K 977/17), dass den § 6a EStG und die Höhe des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen für verfassungswidrig hält. Das entsprechende Verfahren ist nach wie vor anhängig beim Bundesverfassungsgericht. Nach Ansicht des Finanzgericht Kölns wäre es Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, ein Verfahren zu etablieren, nachdem der maßgebliche steuerliche Rechnungszins regelmäßig überprüft wird.

Was sollten Unternehmer tun?

Besprechen Sie die Frage mit Ihrem Steuerberater. Unseres Erachtens ist es sinnvoll, gegen Ihre offenen und künftigen Steuerbescheide unter Bezugnahme auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren (Aktenzeichen 2 BvL 22/17)  Einspruch einzulegen. Praktisch ist es zwar wahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht, sollte es den Rechnungszins nach § 6a EStG für verfassungswidrig halten, diesen für eine Übergangsfrist bis zu einer Neuregelung noch für anwendbar erklärt. Sollte Karlsruhe aber – gerade mit Rücksicht auf die bereits in einem vergleichbaren Fall getroffenen Entscheidung – strengere Maßstäbe ansetzen, wahren Sie sich mit einem Einspruch alle Rechte.

Daneben steht für alle Unternehmen die Frage, wie sie mit dem inzwischen riesigen Unterschied zwischen Steuer- und Handelsbilanz umgehen. Denn in der Handelsbilanz – die für die Frage des ausschüttbaren Gewinns, der Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit entscheidend ist – wird mit einem marktförmigen Zins gerechnet.

Und dieser Zins in der Handelsbilanz ist nicht nur sehr viel niedriger als in der Steuerbilanz – er fällt vor allem auch immer weiter. Das führt zu jährlich immer weiter anwachsenden handelsbilanziellen Rückstellungen, die viele Unternehmen an die Belastungsgrenze bringen. Genau für diese Situation gibt es den DIOMEDEA Bilanzretter. Schauen Sie sich das doch einfach mal an.