Auf Pensionszusage verzichten – was bringt das?

Wenn Ihr Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt, kommt sicher bald die Idee auf, diese durch Pensionsverzicht zu heilen. Die Frage ist, was bringt das wirklich?

Was ist eigentlich Ihr Problem?

Zunächst einmal ist zu klären, ob Sie ein Liquiditätsproblem oder ein bilanzielles Problem haben. Bei einem Liquiditätsproblem hilft Ihnen der Pensionsverzicht wenig. Im Gegenteil kann dieser Schritt Ihr Problem sogar verschärfen.

Haben Sie hingegen ein bilanzielles Problem, kann Ihnen der Verzicht auf Ihre Pensionszusage tatsächlich helfen. Warum das so ist, zeigen wir Ihnen hier.

Maik Miehe

Mit-Gründer und Vorstand DIOMEDEA AG

Seit 30 Jahren Berater für betriebliche Pensionssysteme, Ruhestandsvorsorge und -planung.

Welche Verzichtmöglichkeiten gibt es überhaupt?

Grundsätzlich können Sie auf drei Arten auf Ihre Pensionszusage verzichten:

  1. Verzicht auf eine laufende Rente. Da Sie als Rentner das Unternehmen vermutlich bereits verlassen haben, ist dessen Sanierung nicht mehr Ihre Sorge – wir können diesen Ansatz hier also vernachlässigen.
  2. Verzicht auf bereits erdiente Ansprüche, sogenannter „past service“
  3. Verzicht auf noch zu erdienende Ansprüche, sogenannter „future service“

Ein kurzes Beispiel zum besseren Verständnis:

Sie erhalten mit 45 Jahren eine Pensionszusage. Pensionsbeginn ist gemäß Zusage mit 65 Jahren. Wenn Sie heute 55 Jahre alt sind, haben Sie 50 % der zugesagten Rente „erdient“. Ihr past service ist damit die Hälfte der zugesagten Rente. Die andere Hälfte ist Ihr noch nicht erdienter future service.

Daneben gibt es noch eine vierte Verzichtsmöglichkeit, und zwar den Ausschluss von Teilleistungen wie beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsrente und Todesfallleistungen an Ihre Hinterbliebenen.

Die Aufteilung ist wichtig, da die Konsequenzen beim Verzicht sehr unterschiedlich sind, wie sich gleich zeigen wird.

Was passiert beim Verzicht auf den future service?

Eigentlich dürfte gar nichts passieren, da Sie auf etwas verzichten, was Sie noch gar nicht haben. Das ist so ähnlich, als wenn Sie Ihr Gehalt für die Zukunft absenken. Die gute Nachricht vorweg: Steuerlich wirkt sich der Verzicht bei Ihnen persönlich nicht aus – natürlich vorausgesetzt, Sie haben korrekt berechnet, wie hoch der verzichtbare future service ist.

Auf der Unternehmensseite stimmt diese Analogie leider nicht mehr.

Tatsächlich geschehen beim Verzicht auf den future service zwei Dinge. Zum ersten wird in Ihrer aktuellen Bilanz anstelle des Teilwertes nur noch der Barwert für die bisher erdienten Pensionen gebucht. Oder, um es ganz einfach zu sagen, die Rückstellungswerte sowohl in Ihrer Steuer- als auch Handelsbilanz sinken in der Regel. Im Ergebnis haben Sie eine (allerdings nur rein bilanzielle) Gewinnerhöhung. Ihr „echter“ Gewinn ist davon leider nicht betroffen.

Für die Zukunft bedeutet dies, dass Ihre Rückstellungen in der Steuer- und Handelsbilanz im Vergleich zu vorher nur noch in sehr geringem Umfang anwachsen. Entsprechend fallen auch in Zukunft Ihre Gewinne höher aus.

Das ist super, das mache ich! Oder doch nicht?

Und jetzt kommt der Wermutstropfen. Wenn es Ihnen ausschließlich um Ihre Bilanz geht, haben Sie mit dem Verzicht alles richtig gemacht.

Falls Sie aber ein Liquiditätsproblem haben, ist dies bestenfalls gleichgeblieben. Vermutlich hat es sich jedoch verschlechtert. Falls Ihr Liquiditätsproblem nicht aus laufenden Verlusten resultiert, haben Sie mit der Ausbuchung von Rückstellungen zusätzliche Steuerlasten produziert, die meist auch noch sehr aktiv eingetrieben werden!

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Und wenn ich auch auf den past service verzichte?

In Kurzform: Die Auswirkungen beim Unternehmen sind wie beim Verzicht auf den future service, nur deutlich radikaler. Sie lösen komplett alle Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen auf und bilden zukünftig überhaupt keine neuen mehr.

Ergebnis: Für die Sanierung Ihrer Bilanz geradezu ein Jungbrunnen, für die Sanierung im Liquiditätsengpass der Super-GAU.

Auf Sie persönlich kommt allerdings noch eine zusätzliche, deutliche Belastung zu! Die aufgelösten Rückstellungen in der Bilanz müssen Sie (im Rahmen Ihrer persönlichen Einkommenssteuer) vollständig versteuern. Denn das Finanzamt sieht im Verzicht auf erdiente Ansprüche eine verdeckte Einlage in das Unternehmen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Verzicht zur Abwehr einer Insolvenz erfolgt und Ihr Unternehmen bereits so „angekratzt“ ist, dass die Pensionsansprüche ohnehin als nicht werthaltig betrachtet werden.

Sie haben zwar den Vorteil, dass sich hierdurch Ihre Steuerbelastung bei einem späteren Verkauf der Anteile entsprechend verringert. Ob Sie allerdings bei einem sanierungsbedürftigen Unternehmen auf einen profitablen Verkauf in der Zukunft setzen sollten, überlasse ich Ihnen.

Und beim Verzicht auf Teilleistungen (z. B. Berufsunfähigkeitsrente)?

Wenn Sie auf die Einhaltung der Regeln für den Verzicht auf den future service achten, können Sie auch Rückwirkungen auf Ihre private Einkommenssteuer vermeiden.

Die Berechnung, ob Sie nur auf den noch nicht erdienten future service verzichten, oder ob Sie bereits Ihre erdiente Anwartschaft aufgeben, ist hier nicht ganz so einfach. Sie ist sogar ziemlich kompliziert. Denn hier muss durch einen Versicherungsmathematiker der sogenannte Barwert Ihrer Pension ermittelt werden. Dabei werden alle Leistungsarten, genau wie bei der Berechnung Ihrer jährlichen Bilanzrückstellungen, zusammen genommen und ein einziger Kapitalwert für die ganze Zusage berechnet.

Dann kann unterschieden werden: So viel Barwert haben Sie bereits erdient (past service), so viel Barwert müssen Sie in Zukunft noch erdienen (future service). Wenn dann der Barwert Ihrer Zusage ohne z.B. Berufsunfähigkeitsleistungen immer noch höher ist, als Ihr erdienter Barwert, ist alles im grünen Bereich.

Wie löse ich denn nun mein Liquiditätsproblem?

Aus der Sphäre der Pensionszusage gibt es dafür nur wenige Möglichkeiten:

Zuerst einmal kommen hier die für die Pensionsfinanzierung angelegten Gelder (oft eine Rückdeckungsversicherung) in Betracht. Auf diese können Sie zugreifen, auch ohne auf die Pensionszusage zu verzichten. Wenn Sie ohnehin bereit waren, auf Ihre Pensionszusage zu verzichten, ist das auch wirtschaftlich kein Nachteil für Sie. Steuerlich ist der Zugriff in der Regel auch kein Problem. Sie müssen lediglich schauen, ob beim Verkauf von Anlagen oder bei der Kündigung der Rückdeckungsversicherung Gewinne oder Verluste gegenüber den Anschaffungskosten oder Aktivwerten entstehen und die daraus resultierenden Steuereffekte berücksichtigen. Für Ihren Steuerberater kein Problem.

Eine zweite Alternative ist es, den beim Verzicht auf den past service (siehe oben) fälligen persönlichen Steuerbetrag stattdessen direkt dem Unternehmen als nachrangiges Darlehen oder Eigenkapitalerhöhung zukommen zu lassen und auf den Pensionsverzicht zu verzichten. Das stärkt nicht nur Ihre Bilanz, sondern stellt dem Unternehmen auch zusätzlich Liquidität zur Verfügung!

Fazit

Der Verzicht auf Ihre Pensionszusage kann ein gutes Sanierungsinstrument sein, aber auch gegenteilig wirken – je nachdem, ob Sie ein bilanzielles Überschuldungsproblem oder ein Liquiditätsproblem lösen müssen. Zudem gibt es teilweise Rückwirkungen auf Ihre persönliche Besteuerung. Sie sollten daher alle Effekte genau prüfen, bevor Sie eine übereilte Entscheidung treffen, die sich nicht rückgängig machen lässt.

DIOMEDEA wünscht Ihnen für Ihre Sanierung viel Erfolg!

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