Sie haben sich entschieden, dass Sie Ihre Pensionszusage abfinden wollen? Sie haben die Alternativen geprüft und die persönlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer Abfindung abgewogen? Dann stellt sich nur noch die Frage, wie der richtige Abfindungsbetrag zu berechnen ist.
Meistens trifft man hier auf eine von zwei Annahmen:
- „Das ist reine Verhandlungssache.“
- „Ich lasse mir die Rückdeckungsversicherung auszahlen, das passt dann.“
Leider stimmen beide Annahmen meist nicht. Lesen Sie hier, welche Fragen Sie sich vorab stellen und welche Fehler Sie bei der Berechnung vermeiden sollten.
Maik Miehe
Seit 30 Jahren Berater für betriebliche Pensionssysteme, Ruhestandsvorsorge und -planung.
Darf überhaupt abgefunden werden?
Wie eine Abfindung zu berechnen ist, hängt erstmal von der Person des „Abzufindenden“ ab. Entscheidend ist, ob Sie Unternehmer oder Beschäftigter sind. Dabei ist nicht Ihre persönliche Auffassung maßgeblich, sondern die Bewertung aus steuerlicher und arbeitsrechtlicher Sicht. Und diese können – als sei das nicht kompliziert genug – unter Umständen auch auseinander fallen. Falls Sie nicht eindeutig Unternehmer sind, ist zuerst einmal grundsätzlich zu klären, ob überhaupt abgefunden werden darf.
Wenn eine Abfindung bei Ihnen erlaubt ist, gilt es immer noch, einige Spielregeln für die Berechnung des Abfindungsbetrags zu beachten.
Wie viel Rente steht Ihnen zu?
Sie können natürlich nur die Rentenhöhe abfinden, die Ihnen aktuell auch zusteht. Wie viel ist das?
Die Antwort ist ziemlich einfach, wenn Sie zum vereinbarten Rentenbeginn abfinden: Natürlich das, was Ihnen zugesagt wurde! Anders sieht es aus, wenn Sie eine Pensionszusage vorher abfinden, z. B. um das Unternehmen zu sanieren oder weil ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der seine eigenen Wege gehen will, abgefunden werden soll.
Hier ist steuerlich nur die Abfindung der sogenannten erdienten Anwartschaft zulässig. Also das, was Sie sich durch Ihre bisherige Dienstzeit erarbeitet haben. Praktisch heißt das: Wenn Sie mit 45 Jahren eine Pensionszusage mit geplantem Rentenbeginn mit 65 Jahren erhalten und Sie dann schon mit 55 Jahren ausscheiden, steht Ihnen auch nur die Hälfte der vereinbarten Rente zu.
Bei der Berechnung liegt der Teufel natürlich im Detail. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Pensionszusage im Laufe der Zeit angepasst wurde. Denn nach neuen steuerlichen Vorgaben (BMF Schreiben vom 10. Juli 2015) ist bei solchen mehrstufigen Zusagen jede Erhöhungsstufe selbstständig zu betrachten und zu berechnen. Das macht die Berechnung der abfindbaren Rente aufwändig und fehleranfällig.
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Wie funktioniert die Berechnung der Kapitalabfindung?
Wenn Sie Ihren abfindbaren Rentenanspruch kennen, muss dieser in einen steuerlich zulässigen Abfindungsbetrag umgerechnet werden. Typischerweise muss also aus einer zukünftigen, monatlichen, lebenslangen Rente eine einmalige, jetzige Kapitalauszahlung berechnet werden. Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt leider kein deutschlandweit verbindliches, gültiges Verfahren.
Selbst dann, wenn Sie in Ihrer Pensionszusage für den Rentenbeginn eine konkrete Kapitalabfindungsklausel haben, sollten Sie diese daher nicht einfach stur anwenden. Typische Rechenklauseln mit Wortlauten wie „wird nach den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik ermittelt“ reichen hier nicht aus. Es fehlt unter anderem der anzuwendende Rechnungszins, der das Ergebnis gravierend beeinflusst.
Für die Berechnung der Kapitalabfindung (Barwert) kommen drei Wege in Betracht:
- Barwert nach den Vorgaben für die Steuerbilanz
- Barwert nach den Vorgaben für die Handelsbilanz (10-Jahres-Durchschnitt)
- Wiederbeschaffungsbarwert
Die ersten beiden Wege folgen gesetzlich geregelten Vorgaben, nämlich der Bewertung von Pensionsverpflichtungen für die Steuer- bzw. die Handelsbilanz. Der Wiederbeschaffungsbarwert ist etwas schwammiger. Eigentlich drückt er aus, was ein fremder Dritter mit der gleichen Bonität und Sicherheit Ihres Unternehmens für die Übernahme Ihrer Pensionszusage verlangen würde. Ganz ehrlich – Sie werden kein Unternehmen finden, das passt und ein verbindliches Angebot abgibt. In der Praxis wird daher meist der Barwert eines Versicherers oder Pensionsfonds angesetzt.
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Die Wahlmöglichkeiten sind doch super!
Grundsätzlich richtig. Sie können hier je nach Ihren Zielen versuchen, einen passenden Wert anzusetzen. Wenn die Pensionszusage möglichst billig aus dem Unternehmen heraus gelöst werden soll (Unternehmenssanierung), nehmen Sie den Steuerbarwert. Wenn Sie möglichst viel für Ihre Rente retten wollen, den Wiederbeschaffungsbarwert.
Und mein Finanzamt macht da mit?
Vielleicht ja, vielleicht nein. Eine verbindliche Festlegung der richtigen Berechnungsmethode gibt es, wie gesagt, leider nicht. Und daher wäre es äußerst riskant, einfach selbst einen Wert festzusetzen und dann zu hoffen, dass das bei einer Betriebsprüfung so durchgewunken wird. Egal welchen Ansatz Sie wählen, eine verbindliche Anfrage bei Ihrem Betriebsstätten Finanzamt vor Umsetzung der Abfindung ist Pflicht.
Im Rahmen Ihrer verbindlichen Anfrage müssen Sie nicht nur den gewählten Wertansatz nennen, sondern natürlich auch Ihre Ansicht begründen, warum gerade dieser Ansatz der richtige ist. Je vollständiger Sie argumentieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Mitarbeiter im Finanzamt Ihrer Argumentation folgt. Ebenso hilfreich ist es übrigens, nicht nur den Barwert zu benennen, sondern die konkrete Abfindungsberechnung von einem Aktuar erstellen zu lassen und beizulegen.
Und weil es so wichtig ist am Ende noch einmal: Verbindliche Anfragen müssen gestellt (und entschieden) werden, bevor Sie Ihre Abfindungsverträge unterzeichnen! Andernfalls können Sie sich das Ganze gleich sparen!
Was kann passieren, wenn das Finanzamt meiner Berechnung nicht folgt?
Je nachdem, ob Sie durch Ihren Fehler in den Augen des Finanzamtes zu viel oder zu wenig als Abfindung erhalten haben, entsteht eine verdeckte Gewinnausschüttung oder eine verdeckte Einlage. Meint das Finanzamt etwa, eine korrekte Abfindung hätte nur 200.000 € betragen dürfen, Sie kamen aber auf einen Betrag von 350.000 €, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 150.000 € vor.
Bei der verdeckten Gewinnausschüttung kommt es zu einer Steuernachforderung auf den „zu hohen“ Teil der Abfindung – stark vereinfacht in Höhe der „eingesparten“ Gewerbe- und gegebenenfalls Körperschaftssteuer.
Bei einer verdeckten Einlage müssen Sie auf den „zu geringen Teil“ Einkommenssteuern nachzahlen, aber gleichzeitig erhöhen sich nachträglich Ihre Anschaffungskosten für Ihre Unternehmensanteile. Verkaufen Sie später Ihre Anteile, sinkt der zu versteuernde Gewinn im gleichen Umfang.
Fazit
Die Abfindung ist für viele Situationen ein gutes Instrument, sogar mit überraschenden Steuerungsmöglichkeiten. Allerdings ist sie nicht ganz einfach in der Handhabung. Sie sollten daher alle kritischen Punkte gut prüfen und durch eine verbindliche Anfrage beim Betriebsstätten Finanzamt absichern.
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