Wenn Sie als UnternehmerIn oder MitarbeiterIn eines Unternehmens eine Pensionszusage (auch unmittelbare Versorgungszusage genannt) von Ihrem Unternehmen erteilt bekommen haben, betrifft Sie das Thema „Unverfallbarkeit“ immer.
In diesem Beitrag erfahren Sie alle wichtigen Fakten zur Unverfallbarkeit von Pensionszusagen.
Was Unverfallbarkeit ist, regelt etwas „sperrig“ § 1b des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Dabei regelt der Begriff zwei Sachen gleichzeitig, die man zum besseren Verständnis klar trennen muss:
- Wie hoch sind meine Ansprüche, wenn ich vor Erreichen des Rentenalters das Unternehmen verlasse (unverfallbare Anwartschaft)?
- Wie lange muss ich im Unternehmen arbeiten, bis meine Ansprüche nicht mehr verfallen können (Wartezeit)?
Falk Mäde-Heck
Justiziar der DIOMEDEA AG
Pensionszusage Unverfallbarkeit: Was passiert bei vorzeitigem Ausscheiden?
Wenn Mitarbeitende mit Pensionszusagen vor Erreichen des Rentenalters (beispielsweise mit 50 statt mit dem 67. Lebensjahr) das Unternehmen verlassen, stellt sich die Frage, welche Ansprüche aus der Pensionszusage bestehen. Nachvollziehbarerweise sollen die Mitarbeitenden in diesem Fall das Recht haben, die bis zu seinem Ausscheiden erworbenen Ansprüche auf die betriebliche Altersvorsorge zu behalten. Nur eben nicht den vollen Anspruch. Das regelt § 1b zusammen mit § 2 BetrAVG.
Da diese Normen aber ziemlich unzugänglich sind, erklären wir vereinfacht, was die Idee hierhinter ist:
- Unternehmern und Mitarbeitern, denen eine Pensionszusage erteilt wurde, erwerben fortlaufend Anwartschaften auf diese Leistungen. Eine Anwartschaft ist das Recht auf etwas, das in der Zukunft stattfindet – hier also das anteilige Recht auf eine künftige Rente.
- Für eine Pensionszusage ist das ein klassischer Dreisatz. Je länger Sie im Unternehmen gearbeitet haben, desto höher Ihr Rentenanspruch. Ihre Anwartschaft ist also die Dauer Ihrer tatsächlichen Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zu Ihrer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum vorgesehenen Rentenbeginn.
Anschaulich wird das mit diesen drei Beispielen:
Die Drillinge Anton, Bruno und Charlie haben alle mit 27 Jahren angefangen im Unternehmen zu arbeiten. Ihnen wurde im Laufe der Jahre eine Pensionszusage erteilt, die Ihnen jeweils 1.000,- EUR Altersrente versprach.
- Anton scheidet zum Rentenbeginn mit 67. aus dem Unternehmen aus. Er hat daher von 27. Lebensjahr bis zum 67. Lebensjahr (40 Jahre) beim Unternehmen gearbeitet. Sein Anspruch beläuft sich auf 40/40 (100%). Er erhält 1.000,- EUR Altersrente
- Bruno schied bereits früher aus, mit seinem 57. Geburtstag. Er hat damit 30 Jahre im Unternehmen gearbeitet. Sein Anspruch beträgt 30/40 (75%). Er erhält zum 67. Lebensjahr eine Rente von 750,- EUR.
- Charlie verlässt das Unternehmen bereits mit 37. Er hat damit 10 Jahren im Unternehmen gearbeitet. Sein Anspruch beträgt 10/40 (25%). Er erhält zum 67. Lebensjahr eine Rente von 250,- EUR.
Sonderfall: UnternehmerIn
UnternehmerInnen müssen aber besonders aufpassen. Denn für Sie gelten zwei Besonderheiten:
- Erstens gilt das Betriebsrentengesetz für Sie nicht. Und damit auch nicht § 1b und § 2 BetrAVG. Wenn Sie also eine Anwartschaft auf eine Pensionszusage bei vorzeitigem Ausscheiden behalten wollen (was Sie sollten), dann muss die Pensionszusage dies explizit selbst regeln.
- Zweitens darf die oben dargestellte Berechnung für Sie so nicht angewandt werden. Gelten Sie als UnternehmerIn, muss die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft zwingend auf das Datum der Erteilung der Zusage abstellen, nicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Das ist ein Fehler, der in fast allen Pensionszusagen von Unternehmen gemacht wird, weil es die alten Muster der Rückdeckungsversicherer aus den 1990er Jahren meist so vorsahen. Eine unverfallbare Anwartschaft, die nach diesem Verfahren berechnet wird, ist für die Finanzverwaltung aber eine klare verdeckte Gewinnausschüttung.
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Was ist die Wartezeit?
Etwas anderes gilt nach § 1b BetrAVG, wenn jemand das Unternehmen bereits kurz nach der Erteilung der Pensionszusage wieder verlässt. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass Mitarbeitende nach Erteilung der Pensionszusage mindestens drei Jahre im Unternehmen arbeiten müssen, bevor sie eine unverfallbare Anwartschaft für diese Zeit erwerben.
Wird die Pensionszusage ganz jungen KollegInnen vor Erreichen der Volljährigkeit erteilt, ist die Wartezeit noch länger, da unverfallbare Anwartschaften frühestens bei Ausscheiden nach dem 21. Lebensjahr bestehen.
Ganz einfach formuliert: Wenn ich vor Ende der Wartezeit das Unternehmen verlasse, habe ich gar keinen Anspruch aus der Pensionszusage, auch keine anteilige Anwartschaft.
Vorsicht: Zusagetext prüfen
Das oben ist nur die gesetzliche Regelung. Sehr viele Pensionszusagen sehen die sogenannte „sofortige Unverfallbarkeit“ von Ansprüchen aus der Pensionszusage vor. Hier begrenzt die Wartezeit die unverfallbare Anwartschaft also nicht und ein Anspruch kann auch bestehen, wenn der Versorgungsberechtigte das Unternehmen vor Erreichen von drei Jahren Wartezeit verlässt. Also immer noch mal den Text der Pensionszusage prüfen.
Sonderfall: UnternehmerIn
Und auch hier müssen UnternehmerInnen besonders aufpassen. Für Sie gilt § 1b BetrAVG nicht. Das heißt: Wollen Sie eine Wartezeit haben, müssen Sie sie selbst in der Pensionszusage vereinbaren.
Unverfallbare Anwartschaft: „Past Service“ und „Future Service“
Im Zusammenhang mit Unfallverfallbarkeit und unverfallbaren Anwartschaften sind Sie vielleicht auf schon auf die Begriffe „Past Service“ und „Future Service“ gestoßen. Unterm Strich sind das nur andere Begriffe für die unverfallbare Anwartschaft und deren Berechnung im Dreisatz:
- Der Past Service ist Ihre unverfallbare Anwartschaft. Also der Teil der Pension, der Ihnen zustehen würde, wenn Sie heute aus dem Unternehmen ausscheiden. Teilweise wird er auch als Ihre „erdiente Anwartschaft“ bezeichnet, weil es der Anspruch ist, den Sie sich durch ihre bisherige Dienstzeit „erdient“ haben.
- Der Future Service ist dagegen der Anspruch, den Sie sich durch Ihre zukünftigen Dienstzeit erst noch „erdienen“ müssen.
Beispiel:
Dieter ist Unternehmer und erteilte sich 37 Jahren eine Pensionszusage, die ihm 1.000,- EUR Altersrente zum 67. Lebensjahr versprach. Die Pensionszusage berechnet die unverfallbare Anwartschaft korrekt beginnend mit der Erteilung der Zusage. Dieter fragt sich nun mit 57, wie hoch seine Ansprüche jetzt sind?
Er hat seit Erteilung der Zusage 20 Jahre im Unternehmen gearbeitet. Sein Anspruch beträgt 20/30 (67%). Damit hat er eine unverfallbare Anwartschaft (=past service) von 667,- EUR Rente zum 67. Lebensjahr. Sein future service, also der Rentenanspruch, den er sich noch nicht erdient hat, beträgt 333,- EUR.
Die Unterscheidung von Past Service und Future Service ist bei Unternehmen immer extrem wichtig, wenn vor dem Rentenbeginn irgendetwas mit der Pensionszusage „gemacht“ wird. Denn die Finanzverwaltung passt genau auf, ob Sie über bereits erdiente Ansprüche Verfügungen treffen oder ob Sie ihre zukünftige Vergütung regeln.
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Fazit
Die Unverfallbarkeit von Pensionszusagen ist ein komplexes Thema, das für Unternehmer und Führungskräfte mit Pensionszusgaen von großer Bedeutung ist. Es ist wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und zu verstehen, welche Optionen es bei vorzeitigem Ausscheiden, Verzicht, Abfindung oder Auslagerung von Pensionszusagen gibt. Dabei muss man nicht nur das Recht kennen, sondern auch die Vorgaben der Finanzverwaltung kennen, die teilweise nicht deckungsgleich mit dem Recht sind. Fehler im Bereich der Unverfallbarkeit führen gerade bei Unternehmen schnell zu erheblichen verdeckten Einlagen oder verdeckten Gewinnausschüttungen.
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